Vortrag zu literalen Praktiken arabischsprachiger Deutschlernender

Vortrag zu literalen Praktiken arabischsprachiger Deutschlernender von Franziska Förster, Institut für DaF/DaZ und interkulturelle Studien, FSU Jena

Dienstag, 28. Januar 2025

10:15 bis 11:45 Uhr

Raum 223, Carl-Zeiss-Str. 3, 07743 Jena

 

Zum Sprach- und Schrifterwerb von gering literalisierten erwachsenen Zweitsprachlernenden gibt es bislang nur wenig empirische Forschung. Noch weniger ist bekannt über die Sprach- und Literalitätsverwendung von erwachsenen Migrant*innen außerhalb des Kursraums. In welchen Kommunikationssituationen und sozialen Kontexten bewegen sich erwachsene Zweitsprachenlernende und wie nutzen sie Literalität im Alltag für ihre eigenen Zwecke? 

Der Vortrag gewährt Einblicke in vorläufige Ergebnisse einer qualitativen Interviewstudie mit 12 arabischsprachigen Teilnehmenden, die von schriftsprachlichen Alltagshandlungen berichteten. Ausgehend von soziokulturellen Perspektiven auf Literalität wurden auf Basis der literalen Ereignisse und den dazugehörigen literalen Artefakten (z.B. ein Termin beim Amt und Behördenbrief), rekonstruiert, wie die L2-Lernenden alltägliche literale Herausforderungen bewältigen. Anhand ausgewählter literaler Praktiken einzelner Teilnehmender wird im Vortrag gezeigt, wie groß die Hürden im Umgang mit alltäglichen schriftsprachlichen Aufgaben auch für Menschen sind, die bereits grundlegende literale Kompetenzen mitbringen. Dies unterstreicht, dass neben den technischen Kompetenzen des Lesens und Schreibens vielfältige funktionale Literacy-Kompetenzen angeeignet werden müssen. Zudem entsteht ein tieferes Verständnis für die Komplexität von kommunikativen Anforderungen in einer textlastigen und zunehmend digitalisierten Kultur. Häufig wirken außerdem diskursive und soziale Ungleichheitsstrukturen auf den Zweitspracherwerb, die in der gegenwärtigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung noch zu selten im Hinblick auf die Situation von L2-Lernenden reflektiert werden. Zum Abschluss soll gemeinsam diskutiert werden, welche Impulse sich für die zukünftige Forschung zum Zweitspracherwerb von Migrant*innen sowie für die Weiterentwicklung von zielgruppenspezifischen Lernangeboten ergeben. 
 

Zur Vortragenden: 
 

Franziska Förster ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promovierende am Institut für DaF/DaZ und interkulturelle Studien. Sie hat Islamwissenschaft, DaF/DaZ und Soziologie in Jena studiert (Magistra Artium) und war danach als freiberufliche Lehrkraft für DaF/DaZ tätig. Außerdem hat sie bei der Kindersprachbrücke Jena e.V. in verschiedenen Projekten an der Schnittstelle von Migration, Flucht, Bildung und ehrenamtlicher Sprachförderung gearbeitet.